Reisebericht Costa Rica – Corcovado Nationalpark
Geschippert, gefahren und geritten...
Zündschlüssel umdrehen. Der Mietwagen steht. Mein treuer, silberner Begleiter bleibt die nächsten Tage einsam an der Parkstation zurück. Mein Ziel ist weit weg von allem, am Rande des Corcovado Nationalparks von Costa Rica. Ein Hotel, das auf dem normalen Wege „fast“ nicht erreichbar ist. Ich besteige das Motorboot, das mich in 1,5 Stunden Fahrt direkt zu meiner Unterkunft bringen wird. Das glaube ich zumindest in diesem Moment. Das Abenteuer beginnt...
Wir durchdringen den immergrünen Regenwald auf dem Fluss Rio Sirena. Um mich herum Mangrovengebiet. Rechts und Links wellt sich ein Wurzelgeflecht wie kleine Wasserfälle in den Fluss. Das sonnenbestrahlte Grün der Baumwipfel reflektiert im Wasser und verleiht dem Fluss die gleiche, satte Farbe. Vögel begrüßen unser Boot mit ihren Gesängen. Ich atme tief die tropisch-feuchte Naturluft ein. Ein Juwel der Naturerlebnisse!
Bis es plötzlich zu schaukeln beginnt. Irgendetwas scheint mit dem sanften Fluss nicht mehr zu stimmen. Wir erreichen die Mündung des Flusses zum Meer, das Wellen in den Rio Sirena schickt. Der Bootsmann drückt aufs Gas. Ich bin froh über den Fahrtwind, der die Hitze der Tropensonne lindert. Nun wird es turbulent: Wir erreichen das offene Meer und die Wellen werfen das Boot stürmisch von rechts nach links. Nach zwanzig Minuten gibt das Boot ein letztes Mal Vollgas: Mit einem Ruck setzen wir am Strand auf. „Willkommen in der Drake-Bucht“, verkündet der Bootsführer.
Ich bin verwirrt. Hier wollte ich eigentlich gar nicht hin. In diesem Moment erscheint ein Mann mit Pausbacken und sympathischen Lächeln in meinen Blickfeld. Er sitzt auf einem blauen Quad. „Señora, Ihr persönlicher Fahrdienst zum Hotel Poor Man’s Paradies.“ Neuer Fahrtwind weht mir um die Ohren. Der Wind und das schnelle Spanisch lassen mich nur „Fest“ und „Feiern“ verstehen. Die Fahrt wird abrupt vor einem Dorfladen unterbrochen. Mit neu erworbener Zuckerbrause im Gepäck geht es weiter – wieder tief hinein in die tropische Natur. Durch Bäche und kleine Flüsse schaukeln wir mit dem Quad durch den Regenwald. Riesenexemplare von Bäumen ziehen an mir vorüber. Das Kronendach scheint an dieser Stelle höher als anderswo. Gerade als ich mich frage, wohin mich mein feierfreudiger Freund bringen würde, lichtet sich das Grün. Musik und Lachen dringt an mein Ohr. Wir durchbrechen den Waldrand – und stehen plötzlich mitten auf einem Dorffest, direkt am Strand. Kinderlachen, Grillgeruch und angeregte Unterhaltungen. Es ist gesellig und bunt. „Willkommen in meinem Dorf, Señora!“ Schnell habe ich die eben erworbene Zuckerbrause in einem Plastikbecher. Ich beobachte Kinder beim Sackhüpfen. Übe mein Spanisch mit älteren Damen. Sammle Lächeln von Dorfbewohnern. Mein eigentliches Ziel, das Hotel, liegt immernoch zwanzig Minuten entfernt.
Nach einer Weile drängt mein Fahrer zur Weiterreise. „Kannst du reiten?“ Diese Frage kam aus dem Nichts. Seit Jahren suche ich nicht mehr das Glück auf dem Rücken der Pferde. Wortlos schultert er mein Gepäck und hilft mir auf sein Pferd am Dorfplatz. „Immer gerade aus, die Bucht entlang. Ganz einfach, Señora.“ Und das mache ich dann auch. Wilder Sandstrand empfängt mich. Keine Menschenseele weit und breit. Bald sehe ich in der Ferne ein Hotel mit Regenwald im Hintergrund - mein eigentliches Ziel. Längst ist mein Fahrer zurückgefallen. Ich reite allein auf diesem Stück einsamen Tropenstrandes. Feucht-warmer Gegenwind umstreift mich und wirbelt durch die Haare. Ein inneres Freiheitsgefühl steigt in mir auf. Unerwartete Momente wie diese machen das Reisen so wertvoll...
Direkt vor meinem Hotelzimmer bringe ich mein Pferd zum stehen. Hoch zu Ross mit Blick auf das Meer warte ich auf meinen sympathischen Begleiter und denke lächelnd an die heute Anreise zurück: Auch wenn es ganz anders kam als erwartet, es ist doch alles perfekt gelaufen ... oder eben geschippert, gefahren und geritten!
Tanja Gerlach
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