Reisebericht Myanmar – Ayeyarwaddy Fluss
Der Mahamuni-Buddha und die Delfine vom Ayeyarwaddy Fluss
Es ist dunkel im Raum, auf der Leinwand glänzen golden die Pagoden und BuddhaStatuen in voller Pracht, ein Anblick, der mich nicht mehr loslassen will. Seit diesem Erlebnis sind fast zwanzig Jahre vergangen. Damals besuchte ich einen Diavortrag über Myanmar und ich wusste sofort, dieses Land möchte ich einmal bereisen, mit eigenen Augen diese faszinierende Kultur und spektakulären Landschaften sehen und erleben.
Nun stehe ich im November 2013, umringt von den Fahrrädern der Reisegruppe, mitten in Mandalay und bahne mir einen Weg zur Werkstatt der Goldschläger. Hier werden die hauchdünnen Goldblättchen hergestellt, die von Pilgern als Opfergabe dem sagenumwobenen Mahamuni-Buddha aufgeklebt werden. Eine schwere Arbeit verrichten die Männer hier. Mit scheinbar endlosen Schlägen werden die Goldblättchen bearbeitet, bis nur noch ein Hauch von Gold übrig ist. Nur ein Hauch, wie ich später noch leidvoll erfahren sollte.
Während draußen das Fahrradknäul langsam entwirrt ist, kommt mir da so eine Idee. Schnell kaufe ich noch ein Päckchen Goldblättchen und beeile mich, den Anschluss nicht zu verpassen. Unschätzbarer Vorteil, kommt man als letzter, ist nur noch ein Fahrrad übrig. Zügig sitze ich auf und hänge mich an unsere Mandalay-Fahrrad-Perlenschnur an.
Nach ein paar abenteuerlichen Abbiege-Manövern, man sollte an einer ampellosen Kreuzung niemals anhalten, erreichen wir die Mahamuni-Pagode. Barfuß stehe ich beeindruckt vor dem goldglänzenden 3,8 Meter hohen Mahamuni-Buddha. Die Gebete der Pilger verbreiten eine andächtige Stimmung. Männliche Touristen dürfen sogar den Altarraum betreten. Etwas unsicher steige ich die Treppen hinauf und stehe staunend hinter dem goldbeladenen Mahamuni-Buddha.
Ich halte die Goldblättchen in meiner Hand. Ja, ich hatte da doch so eine Idee. Morgen werden wir auf dem Ayeyarwaddy Fluss nach Delfinen Ausschau halten, die mit Flussfischern auf Fischfang gehen. Klingt unglaublich und ist so außergewöhnlich, dass man schon großes Glück braucht, um dieses Naturschauspiel zu erleben. Wäre es nicht eine gute Idee, so denke ich bei mir, mit einer kleinen Opfergabe...?
Aufgeregt fingere ich an eines der Goldblättchen herum, um es zu öffnen. Es ist verschnürt wie ein kleines Päckchen. Dieser unscheinbare dünne Faden leistet erbitterten Widerstand, Schweißperlen treten mir auf die Stirn. Doch endlich Gold. Beim Versuch dieses Gold vom Papier auf den Mahamuni-Buddha zu kleben, schmückt es mehr meine Hände. Nervös öffne ich ein zweites Päckchen und endlich glückt die Übergabe! Nun, es war schon ein kleines Opfer, denke ich so bei mir und steige auf der anderen Seite die Treppen wieder hinunter. Etwas unruhig erwartet mich schon die Gruppe, wo ich denn so lange gewesen sei, fragen sie mich. Ich habe ein Delfin-Opfer dargebracht, sage ich kurz. Ungläubige Blicke scheinen zu fragen, was wohl der Mahamuni-Buddha mit Delfinen zu tun hat.
Der Ayeyarwaddy Fluss ist ein mächtiger Strom, an den Ufern liegen unzählige Schiffe. Die Reisegruppe, die ein paar Tage länger in Myanmar bleibt, reist einen Tag voraus und kommt gerade vom Schiff. Natürlich wollen wir wissen, ob sie Delfine gesehen haben, leider nein, kommt die Antwort. Ich habe da noch ein Ass im Ärmel, denke ich so bei mir und balanciere auf den schmalen Holzsteg zu unserem Schiff.
Ein bisschen erinnert es mich an ein Piratenschiff, ganz aus Holz mit tollen Schnitzereien und dem Charme vergangener Tage. Auf dem Oberdeck lassen wir uns den Wind um die Nase wehen und die Seele baumeln.
Nach der Besichtigung von Mingun geht es weiter stromauf, es breitet sich eine wundervolle Ruhe aus. Ich stehe vorn an Deck und hänge meinen Gedanken nach. Ruhe empfinde ich immer auch als Zeitgeschenk in der heute so hektischen Welt.
Langboote kommen in Sicht. Wir ankern. Nun, man muss sich das so vorstellen: Ein großer Holzpfahl wird in den sandigen Flussboden gerammt, ein dickes Tau daran befestigt, fertig. Genial einfach, einfach genial.
Jetzt wird es spannend, werden wir die Delfine sehen? Um in die Langboote zu gelangen, müssen wir erst einmal ins Wasser. Über den nun schon mehrfach getesteten schmalen Holzsteg balancieren wir im Gänsemarsch in den herrlich warmen Ayeyarwaddy Fluss. Wir verteilen uns auf die Boote und fahren weiter stromauf. Dann herrscht Stille.
Wie gebannt schaue ich auf den Fluss. Der Fischer hat sich in seinem Boot in Stellung gebracht, das Netz in den Händen. Und dann passiert das Unglaubliche: Delfine!
Mit einem Schlag der Schwanzflosse auf die Wasseroberfläche deutet der Delfin den Fischschwarm an und der Fischer wirft sein Netz aus. Kurze Zeit später holt er den Fang ein und die Delfine bekommen ihren Teil des Fanges. Diese unglaubliche Harmonie von Mensch und Natur habe ich noch nie erlebt. Tief steht jetzt die Sonne und der Fluss glitzert golden. Gold? Da war doch was! Lächelnd schaue ich hinüber zum Fischer, der sein Netz wieder in den Händen hält, ein Flossenschlag und das Netz segelt wieder elegant ins Wasser.
Nach einer Weile scheinen die Delfine verschwunden, nichts ist zu sehen. Zeit verströmt. Hier bestimmt nicht der Mensch den Fang, sondern die Delfine, denke ich so bei mir. Hier ist Zeit noch greifbar, geradezu fühlbar, nicht flüchtig wie in unserer oft hektischen Gesellschaft.
Noch einmal tauchen sie auf, die Delfine, und zeigen uns ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten, dann fahren wir tief beeindruckt zurück zum Schiff.
In das seichte Wasser des Ayeyarwaddy stellen wir Plastikstühle im Halbkreis auf, mit Blick zum Sonnenuntergang über dem Fluss. Einen Augenblick lang scheint die Zeit still zu stehen. Die Gedanken gehen zurück an meine Begegnung mit dem Mahamuni-Buddha und zu den Delfinen im Ayeyarwaddy, was für eine unglaubliche Geschichte!
Tschee-szuu tin-ba-de! Myanmar
Und herzliche Grüße vom Weltenbummler
Weltenbummler Jens aus Chemnitz
Buddhas, Pagoden & Irrawaddy Delfine – Myanmar, du herrliches Fleckchen Erde: Myanmar Reisen